Tod eines Handlungsreisenden













„Tod eines Handlungsreisenden“, uraufgeführt am 10. Februar 1949 in New York, erobert sich immer wieder die Spielpläne der Theater. Die erfolgreiche Inszenierung des Stücks 1984 am Broadway mit Dustin Hoffman in der Hauptrolle diente Volker Schlöndorff als Grundlage für seine Verfilmung. Dieses ergreifende Schauspiel des großen amerikanischen Autors Arthur Miller wird 75 Jahre nach seiner Entstehung erstmals in Bautzen inszeniert.
Inszenierung
Dramaturgie: Eveline Günther
Ausstattung: Andrea Eisensee
Premiere: 7. März 2025, großes Haus
Termine
17.05.2025 um 19:30 Uhr großes Haus, Hauptbühne Karten bestellen
23.05.2025 um 19:30 Uhr großes Haus, Hauptbühne Karten bestellen
Rollen
Willy Loman: Lutz HillmannLinda: Gabriele Rothmann
Biff: Niklas Krajewski
Happy: Janik Marder
Bernard: Marian Bulang
Die Frau: Katja Reimann
Charley: Erik Dolata
Onkel Ben: Alexander Höchst
Howard Wagner/ Stanley: Thomas Ziesch
Miss Forsythe: Katharina Krüger
Letta: Bernadett Schneider
Presse:
Willy Lomans Vision vom sozialen Aufstieg ist geplatzt. ... Willy Loman findet Halt nur bei seiner Frau Linda. Sie steht unbeirrt zu ihm, obwohl sie weiß, dass er ihr etwas vormacht, mit dem Gedanken spielt, sich umzubringen, damit die Familie die Lebensversicherung kassieren kann. Die wunderbare Komödiantin Gabriele Rothmann imponiert als resolute Frau, die ihren Mann gegen die oft respektlosen Söhne verteidigt. Janik Marder als jüngerer Sohn Happy vermeidet jeden Streit und träumt von eigener Wohnung, Auto und „jeder Menge Frauen“. Ernsthafter, voller Selbsthass gibt Niklas Krajewski den Jobwechsler Biff, der das Zeug zum Footballstar hatte. Ein Seitensprung des bewunderten Vaters warf ihn aus der Bahn. Er scheitert an dessen riesigen Erwartungen, fühlt sich als Null.
Gastregisseur Herbert Olschok verbindet die zwei Stränge der gut dreistündigen Aufführung psychologisch effektvoll miteinander. Rückblenden und Traumsequenzen erinnern an bessere Zeiten. ...Intendant Lutz Hillmann beeindruckt in der Titelrolle mit dem ständigen Umschwung der Gefühle und Gedanken. Sein Willy Loman ist verunsichert wie verzweifelt, wütend wie weinerlich. Mit grauem Haar, gebückter Haltung, die Hände zwischen die Knie geklemmt, schlecht sitzender Brille und zu weitem Anzug wirkt er greisenhaft, pendelnd zwischen Traum und Lebenslüge.
Rainer Kasselt, Sächsische Zeitung
... Man fängt an, über die heutigen USA nachzudenken. Der Selbstbeschwörungsrausch zum Großen und Gültigen, der Wille zum wenig aussichtsreichen Deal und letztlich auch die Negierung von Widersprüchen, all das ist Willy Loman in Person. ... Gabriele Rothmann ist eine Haushalt-Linda, wie sie in Millers Buch steht: zwischen Barmen und Stützen an der Seite Willys. Niklas Krajewski spielt einen – auch in den Rückblenden schon – gebrochenen Biff und Janik Marder den früh Desillusionierten Happy. Eine Amerika-Übertreibung zur Kenntlichmachung erlaubt sich die Inszenierung mit den mehrfachen Tagtraum-Auftritten von Willys Bruder Ben. Alexander Höchst sieht mit Poncho und Bolotie so echt aus wie Westernhelden in einem Sergio-Leone-Film. Aber auch das gehört ja zu Willys Welt als Wille und Vorstellung.
Thomas Irmer, Theater der Zeit
... Insbesondere Janik Marder und Niklas Krajewski als Happy und Biff machen ihre Sache gut. Biff war einst erfolgreicher Football-Spieler, bis er durch eine Prüfung rasselte. Seit er den Vater mit seiner Affäre erwischt hat, ist sein Verhältnis zu ihm gestört. Das beschäftigt auch die beiden Brüder, die durchaus narzisstische Anteile ihres Vaters übernommen haben.
Vincent Koch, Nachtkritik
Regisseur Herbert Olschok ... (trifft) in Bautzen auf eine eingespielte Brigade ... was den Vorteil hat, echte Typen in immer neuen Verwandlungen zu sehen. Dabei stellt sich die Grundkonstellation, also die Familie Loman, quasi von selbst auf: Gabriele Rotmann als Ehefrau Linda sowie Niklas Krajewski und Janik Marder als die Söhne Biff und Happy flankieren den Handelsvertreter, der sich sein ganzes Leben gern als erfolgreich darstellt, aber zunehmend mit plötzlichen Zweifeln und Umnachtungszuständen kämpft.
Vergeblich versucht Willy, den Schein zu wahren. Die Heimkehr von Biff, der nach gescheiterter Matheprüfung einst aus dem Elternhaus floh, beschleunigt die Eskalation – wobei hier in Bautzen Zeit ist: für den Rückblick auf die Bostoner Eskapade, als Loman von Biff in flagranti mit „der Frau“ (Katja Reimann) erwischt wird, auf die Spielchen mit dem Nachbarn Charley, dem einzigen Freund, der immer hilft, von Erik Dolata ebenso gelassen gegeben, wie Marian Bulang dessen erfolgreichen Sohn Bernard spielt. Auch die Kündigung seitens Howard, dessen Vater als Chef der Firma Willy einst viel mehr sprach, wird so plausibel wie bitter ausgespielt. Wobei Thomas Ziesch kurz darauf in grandioser Weise als Kellner Stanley wieder auftaucht und das ganze Vater-Söhne-Drama per Verleugnung im Angesicht junger Damen als Zeuge miterlebt. Das Ganze geschieht in traditioneller Ausstattung von Andrea Eisensee, wobei ihr der Brutalismus als symbolischer Ausdruck der Einhegung des amerikanischen Traums durch viel größere Traumhäuser per Betonschlucht besonders gut gelingt. Eine besondere Note verleiht Olschok den Auftritten der Traumgestalt Ben, dem großen Bruder, der sein Ding so stringent wie naiv durchzieht – und ohne Kompass nach Alaska (Gold) auswandert, um in Afrika (Diamanten im Dschungel) sein Glück zu machen. Auch diese Figur, der eigentliche Selfmademan im Lederstrumpf-Outfit (aber mit Schirm statt Gewehr), wird von Alexander Höchst grandios gespielt. Ebenso überzeugend Hillmann selbst, der als echte Silberlocke die allmählich an der ewigen Lebenslüge zerbröselnde Persönlichkeit leidend verkörpert, für die zum Schluss selbst seine treue Linda keine Träne mehr übrig hat – aber nun, nach 25 Jahren, endlich die letzte Hausrate bezahlen kann.
Andreas Herrmann, DNN
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